"In den wilden Bergschluchten widerhallt ihr Pfeifen". Als Zürcher Ingenieur beim Bau der Yunnan-Bahn in Südchina 1903-1910
Das grosse China faszinierte Otto Meister aufgrund all seiner Widersprüche und vor allem seiner unendlichen Möglichkeiten. Aber genauso mit Japan und dessen Tempeln, Parkanlagen, Bergen und alten Traditionen fühlte er sich sehr verbunden. Im Laufe der Jahre hatte Otto das Wesen und die Seele des Volks der aufgehenden Sonne ebenso wie die Bevölkerung Chinas kennen und schätzen gelernt. Mit Chiyo Ishizuka (der Name bedeutet «langes Leben», und tatsächlich starb Chiyo 1982 im Alter von 96 Jahren) lebte er bis zu seinem Tod am 28. März 1937. Im Juli des gleichen Jahres fielen die japanischen Truppen in Shanghai ein. Chiyo verbrachte eine schwere Zeit in Shanghai, und schliesslich war sie gezwungen, nach Japan zurückzukehren, da die chinesische Stadtbevölkerung sich an den japanischen Einwohnern rächte.
Sohn Freddy hing sehr an seiner Mutter – der Vater war oft auf langen Geschäftsreisen –, und als Otto ihn mit vierzehn Jahren in die Schweiz brachte, litt er unter der Trennung. Vor dem Vater hatte er grossen Respekt, auch wenn er diesen als eher distanziert erlebte. Einerseits brachte Otto seinen Sohn in die Schweiz, um ihm eine bessere Ausbildung zu ermöglichen, und andererseits, weil China in jenen Jahren aufgrund der politischen Lage mit ihren revolutionären Wirren äusserst gefährlich war. Der Junge war auf Schweizer Boden sicherer. Chiyo schrieb dem Sohn regelmässig aus Japan, doch der Zweite Weltkrieg setzte diesem Briefwechsel ein Ende. Erst nach Kriegsende stellte das Rote Kreuz wieder einen Kontakt her. 1981 reiste Freddy mit seiner Tochter Sylvia Meister nach Japan, wo er seine Mutter wenige Monate vor ihrem Tod ein letztes Mal sah. Sie starb in Oita (Kyushu), 45 Jahre nach Otto Meister.