Blindgänger. Roman

Die Stimme der alten Dame zitterte kaum merklich. Er habe ihnen den Verrat, so nannte er ihr Verschweigen der Adoption, nicht verzeihen können. Erst als seine Tochter auf der Welt war, habe er seine sture Haltung gelockert. Sie und Vater hätten sehr unter der Zurückweisung gelitten. Du, der aufgeklärte, rationale Intellektuelle, bist durch die Entdeckung, dass zwischen dir und uns keine Blutsbande bestanden, in eine existenziel­le Krise gestürzt. Was haben wir uns nicht alles anhören müssen. Die Familie eine einzige große Lüge, keine verwandtschaftliche Beziehung, keine Großeltern und Urgroßeltern, hinter dem Zeitpunkt der Geburt weiße Leere. Ja, du hast deinen Weltschmerz kultiviert. Sie habe seine Selbstbemitleidungen irgendwann nicht mehr hören können.

Marty schob das Stirntuch beiseite, setzte sich auf und blieb gebückt am Bettrand sitzen, den Kopf in die Hände gestützt. Die Mutter habe an jenem Ostersonntag ihm und seiner Familie erstmals alle Einzelheiten seiner Adoption erzählt, ausgelöst durch Nadine, die für eine Geschichtsarbeit ihren Familienstammbaum recherchie­ren sollte. Er dürfe auf keinen Fall vergessen, das Mädchen beim nächsten Besuch nach dieser Arbeit zu fragen. Mutters Erzählung, er habe alles stichwortartig aufgeschrieben, hier, er reichte mir sein Notizheft.