Schweizerspiegel. Roman

«Ja wahrscheinlich! Wenn man über ein Jahr lang gebummelt hat, ist es besonders schwer, zur rechten Zeit einzurücken. Er hat schon seinen letzten Wiederholungskurs versäumt … jetzt hört das auf!» Er trat in sein Büro und wechselte mit knappen, entschlossenen Bewegungen den Rock.

Er hatte auf Grund fortschrittlicher Anschauungen und mit kluger Einsicht in die veränderte Seelenlage der heranwachsenden Jugend seine vier Kinder nicht allzu streng erzogen, ja er hatte ihnen mehr Freiheiten gewährt, als ihm oft selber angemessen schien. Severin, sein Ältester, war dabei ein selbständiger Mann und frühzeitiger Familienvater geworden, Gertrud hatte von ihrem Mädchenalter an zu Vorwürfen kaum mehr Anlaß gegeben, Fred, der Jüngste, der noch mitten im Studium steckte, war ein lieber Kerl und verdiente alles Vertrauen; mit Paul aber klappte nun etwas nicht. Dieser intelligente, nach dem allgemeinen Urteil ungewöhnlich begabte junge Mann hatte Philologie studiert und sich nach dem Examen für ein Jahr ins Ausland begeben, «zur weiteren Ausbildung», was niemand allzu wörtlich nahm. Dieses Jahr war abgelaufen, aber statt daß der Herr Sohn inzwischen eine Stelle angenommen oder wenigstens zur rechten Zeit die Rückreise angetreten hätte, trieb er sich noch jetzt beschäftigungslos in München herum. Eine Anstellung stand ihm nun zwar durch die Vermittlung seines Onkels Gaston in Aussicht, aber daß er sich von seiner militärischen Pflicht ohne Grund noch einmal zu drücken suchte, hieß denn doch die väterliche Nachsicht auf eine harte Probe stellen.


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