Steinschlag. Andrea Stamms erster Fall
Natürlich kam sie. Fühlte sich sogar etwas geehrt, obwohl sie sich auch fürchtete vor diesem «Job», wie er das Suchen und Bergen einer Leiche bezeichnete. Der Rettungschef bot sie auf, man nahm sie also ernst. Man nahm sie auf in den Kreis. Sie musste zusagen. Und nun stand sie an dem steilen Abhang und blickte auf die tote Frau mit dem wächsernen Gesicht und dem schmalen Körper. Ihr Alter war schwer zu schätzen. Um die fünfzig etwa.
Andrea wartete, dass Amstad entscheiden würde, was zu tun sei. Er zog einen ausgebleichten Biwaksack aus seinem Rucksack.
«Wir packen sie ein. Morgen holt sie der Helikopter.»
«Sollten wir sie nicht so liegen lassen?»
«Über die Nacht? Damit sie der Luchs frisst? Oder die Dohlen ihr die Augen auspicken?»
«Wird es nicht eine Untersuchung geben?»
«Wozu? Ist doch alles klar. Ein Unfall.»
«Ich dachte nur …»
«Was?»
«… das sei vielleicht Vorschrift.»
«Du schaust zu viel Krimis.»
Das stimmte wohl. Wäre sie nicht hier, dann würde sie vor dem Fernseher sitzen. Sie wohnte allein, im Ort hatte sie noch kaum Bekannte, in die Stadt war es zu weit nach einem anstrengenden Tag.