Die Wohlanständigen. Ein Tanner-Kriminalroman

Durch den kühlen Wind hielt sich wenigstens der Schweiß in Grenzen, der gewöhnlich von seiner Stirn floss. Dennoch zog er gewohnheitsmäßig eines seiner windelgroßen Stofftücher aus der Manteltasche und wischte sich über Kopf und Stirn.

Er ging einige Schritte durch den Sand, weg vom Wasser, und blickte um sich.

Die Leiche lag am Sandstrand einer kleinen Badeanstalt, von dem nur wenige außerhalb des Dorfes wussten, deswegen war sie auch im Hochsommer keineswegs überlaufen. Er wusste das von Tanner, der in Sichtweite zum Strand wohnte und regelmäßig hier baden ging. Er hatte ihm schon öfter in den höchsten Tönen von diesem poetischen Ort vorgeschwärmt. Michel musste innerlich Abbitte leisten, denn er hatte immer gedacht, sein Freund übertreibe. Es war tatsächlich ein ungewöhnlich schöner Ort, altmodisch und wie aus der Zeit gefallen.

Die dreiunddreißig Badekabinen, die fünfzig Meter vom Strand aufgereiht nebeneinanderstanden, waren durch ein langes, malerisch bemoostes Ziegeldach verbunden, unterbrochen nur durch einen Durchgang, durch den man auf die hintere Wiese blickte. Die grauen Kabinen hätten schon längst einen neuen Anstrich nötig, aber dass es sie in dieser Form überhaupt noch gab, grenzte an ein Wunder – vor allem, wenn man an all die Verschandelungen in der Gegend und an die unmäßige Bau- und Renovationswut der Zeit dachte.


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