Schweizerspiegel. Roman

Er lief in der ausgebrochenen Schützenlinie seiner Kompagnie, die als Reserve zur Feuerunterstützung des Angriffs befohlen war, einen langgestreckten Hügel hinauf, während im Walde links davon zwei Bataillone in Linie bereitgestellt wurden. Am Rand der Höhe warf er sich hin und begann auf Kommando seine blinden Patronen zu verschießen. Vor ihm lag ein zweiter Hügel mit der markierten gegnerischen Stellung und einer schwarzen Zuschauermenge, von der sich in der klaren Morgenluft eine Gruppe höherer Offiziere und zwei Signalisten mit ihren manchmal aufblitzenden Instrumenten deutlich abhoben.

Paul wußte, daß sein Vater der Übung folgte und nachher das Defilieren abnehmen würde; er suchte ihn unter jenen Offizieren und erkannte ihn an seiner umfangreichen Gestalt und dem massigen Haupt mit der dreifach breit galonierten Mütze. Er zog das Gewehr an die Schulter und legte auf den Vater an. Es war eine unwillkürliche, halb spielerische, jedenfalls unbedachte Bewegung, und kaum hatte er Druckpunkt gefaßt, da schämte er sich, schoß anderswohin und lächelte verwundert über seinen eigenen Einfall. «Unsinn!» dachte er, während rechts und links von ihm die Schüsse knatterten und Verschlüsse riegelten. «Ich hasse ihn doch nicht? Er ist allerdings daran schuld, daß ich diese ganze Schweinerei da mitmachen mußte, aber er hat ja schließlich den Dienstzwang nicht selber eingeführt. Er ist überhaupt nichts aus sich selber, er ist nur eine Ausgeburt seiner abgestandenen Welt, über die er nicht hinaussieht, ein eingefleischter Schweizerbürger, den man besser abseits stehen läßt, da man ihn ja doch nicht ändern kann. Nein, ich hasse ihn nicht, er ist mir nur gleichgültig. Aber er sollte mich in Ruhe lassen, ich bin doch auch so anständig, nicht auf ihn zu schießen.»


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