Blindgänger. Roman
Unter Männern könne er ja darüber reden, das habe ihn stark beschäftigt, klappte diesbezüglich noch alles bei diesem fremden Körper, in dem er steckte. Nach dem Aufwachen aus dem Koma sei, obwohl er sich körperlich fit fühlte, tagelang alles schlaff geblieben. Es brauchte einige Überwindung, bis er das Thema im Spital anzusprechen gewagt hatte. Der Arzt hatte ihm augenzwinkernd einschlägige Magazine zugesteckt, das buche er unter Therapie ab. Auch Sexualität sei eine Frage der Bilder im Kopf, die ihm eben fehlten. Er habe die Fotos eingehend studiert, Schmollmünder, verkeilte Leiber, Zoom auf erigierte Körperteile und Öffnungen. Dasselbe in der nächsten Bildstrecke und wieder in der nächsten, nur andere Blickwinkel und andere Körper. Nichts zu machen. Fußballbilder aus dem Sportteil der Zeitung erregten ihn fast mehr. Der Arzt riet zur Geduld. Die Angelegenheit beunruhigte ihn jedoch zutiefst.
Bis er hier in der Klinik eines Morgens von einer neuen Pflegerin geweckt worden sei, einer Wochenendvertretung, er hatte sie noch nie zuvor bemerkt. War es die Leichtigkeit ihrer Schritte, die Anmut ihrer Armbewegung, als sie die Vorhänge aufzog, das Maliziöse in ihren Augen oder ihr reizendes Lächeln? Jedenfalls strahlte die Frau, als Person interessierte sie ihn keineswegs, eine Erotik aus, auf die sein Körper in Sekundenschnelle reagierte. Völlig überrumpelt von dieser unbekannten, aber lange erwarteten Empfindung habe er instinktiv die Decke hochgezogen, ihr ziemlich betreten einen guten Morgen gewünscht. Alles in Ordnung, alles bestens.