Blindgänger. Roman

Marty blickte mich leicht verunsichert an, die Notizheftrolle mit beiden Händen umklammert. Sie habe gezögert, ihren Mann zu beschreiben, auf der Hut, in ihren Augen habe er Zweifel an seinem Gedächtnisverlust gelesen. Es scheine viel Misstrauen zwischen ihr und dem Mann gegeben zu haben. Ihm sei klar geworden, dass sie ihm genau das erzählen würde, was er denken solle. Jetzt hatte sie die Gelegenheit, ihrer beider Ehevergangenheit ganz nach ihren Absichten und ohne Protestmöglichkeit seinerseits zu beschreiben. Beim Sprechen habe sie Augenkontakt vermieden. Er habe in ihrer Stimme viel enttäuschte Erwartungen gehört, wenn auch das, was sie über ihren Mann sagte, eher nach Nichts-Schlechtes-über-einen-Toten-sagen als nach ehrlicher Meinung klang.

Sie sei sichtlich verunsichert gewesen, ob sie im Präsens oder in der Vergangenheitsform über ihn reden sollte. Ja, was kann ich dazu sagen, du entzogst, also du entziehst dich erfolgreich allen nachbarschaftlichen An­näherungen und den damit verbundenen Verpflichtungen, die sozialen Kontakte pflege vor allem ich. Auch um die Erziehung der Tochter kümmere ich mich in erster Linie, du bist zwar körperlich anwesend, geistig aber meist anderswo. Eigentlich genau wie jetzt, fügte sie bitter an. Irgendwann habe sie aufgehört zu fragen, was er eigentlich ständig lese und schreibe. Er sei eher nicht so entscheidungsfreudig, um nicht zu sagen konfliktscheu. Geschätzt im Lehrerkollegium, sie habe den Eindruck auch von den Schülern, und äußerst charmant, wenn ihm danach sei. Er könne brillante Diskussionen führen, um ein Gegenüber zu beeindrucken, bei dem es sich lohne, aber auch scharf und sarkastisch sein, wenn ihn ­jemand nerve. Nein, ein Langweiler bist du nicht.