Steinschlag. Andrea Stamms erster Fall
Andrea ergriff eine schmale Hand, die ihren Druck kaum erwiderte und sich gleich wieder entzog. Das war also der Schutzengel. Ein Mädchen mit Grübchen in den Wangen, schmalen Augen, dunklen, nach hinten gesteckten Haaren und einem arglosen Lächeln im Gesicht. Ning aus Thailand. Aus welchem Himmel bist du gefallen in dieses kleinkarierte Quartier, in dieses trostlose Haus. Sie rang sich ein «Glad to meet you» ab.
«Glad to meet you», zwitscherte der Engel aus dem Fernen Osten, betonte das «You», huschte hinaus und kehrte mit einer Platte zurück, auf der sich Frühlingsrollen türmten. Sie verschwand gleich wieder, brachte einen Topf Suppe, eine grosse Schüssel Reis, kleinere mit Auberginen, Bambussprossen und gebratenem Geflügel, Büchsen und Flaschen mit Austern- und Kokossauce.
Robert schnipselte an der Kappe einer Flasche Barolo, zog den Zapfen, roch an ihm, rümpfte die Nase, schenkte sich ein, kostete mit dem ernsten Gesicht des Kenners. Er unternahm alles, um Andreas Blick und ihren Fragen auszuweichen. «Ich nehme Englischstunden an der Volkshochschule. Im Alter muss der Geist beweglich bleiben.»