Blindgänger. Roman
Royan war Mitte April 1945 während der mehrtätigen Befreiungskämpfe erneut und wiederholt bombardiert worden, 2500 Bomber warfen in der Gegend 7000 Tonnen Bomben ab, über Royan mit 72 5000 Liter Napalm, das die Amerikaner in Europa erstmals testen wollten. Das Resultat war enttäuschend, aber spektakulär. Napalm entfachte ein sinnloses danteskes Inferno, völlig nutzlos gegen die Bunker, aber die Ruinen von Royan standen in höllischen Flammen. Am Schluss blieb von der Perle des Ozeans eine verkohlte bizarre Landschaft verkrümmter Eisen, schwarzer Steinhaufen, verbrannter Erde.
Eine Woche vergeht, wieder Samstag. Er sollte dringend in Erfahrung bringen, unter welchen Umständen ein Säugling im März 1945 hier ohne Geburtspapiere zur Welt kommen und offiziell als Kriegswaise deklariert werden konnte. Wahrscheinlich ist, dass totales Chaos geherrscht und keine Zivilbehörde mehr funktioniert hat. Das würde seine Hypothese des Findelkindes nach der Bombardierung bestätigen. Erster Schritt also herausfinden, wie die Lage in der Region im Frühjahr 1945 genau war. Präzise Grenzen der poches, der besetzten Gebiete sowie der befreiten Gebiete, genaue Daten der Bombardierungen. Er braucht Bücher zur Besatzungszeit, gibt es bestimmt in der Gemeindebibliothek. Er kennt die Öffnungszeiten, seit einer halben Stunde ist die Ausleihe geöffnet, nichts wie hin.