Blindgänger. Roman

(Interessante These: Die Wehrmacht habe sich in den poches nicht aus Widerstand bis zum Äußersten verschanzt, sondern in relativer Sicherheit die Kapitulation im fernen Deutschland abgewartet …)

Nur die völlig unerwartete erste Bombardierung Roy­ans am 5. Januar würde Sinn machen (so was Ab­sur­des!), aber ausgeschlossen wegen Geburtsdatum 31. März. Die Frage ist, um wie viel sich ein Arzt im Alter bei einem schwächlichen kranken Säugling verschätzen kann. Ein bis zwei Monate höchstens. Gäbe frühestens zwischen Mitte und Ende Januar als Geburtstermin, al­so nach der Bombardierung. Bin ich womöglich noch älter??

Zivilgesellschaft: tatsächlich keine funktionierende Ziviladministration mehr im besetzten Royan nach Bom­bardierung bis zur Befreiung am 16. April. Außerhalb schon. Adoptionspapiere wurden schnell ausgestellt, ein Kind weniger in den unterversorgten Heimen.

Also, rebelote, zurück an den Start. Wie weiter? Kei­ne Ahnung …

Royan, Freitag, 23. Mai 2003

Eine griffige Definition von Heimat wäre jetzt hilfreich. Das Problem: diffuse Heimatlosigkeit. Der Mensch gewöhnt sich an alles, an Wohnorte, an Häuser, an Orte, selbst an andere Menschen. Winkt am Ende des Gewöhnens dann Heimat? Sind Kinder und Familie Heimat? Braucht das einer (wie er)? Er hat im Unterschied zu all den andern im Leben Herumstolpernden doch eine bequeme Entschuldigung für seine Verlorenheit. Wer seine Herkunft nicht kennt, hat auch keine Heimat.