Im eigenen Land. Reportagen
Gleich unterhalb der Raketenstellung liegt das Kloster Mariahilf. Im Kriegsfall geht es sofort kaputt, die Bloodhound-Stellungen sind gewiss auf den Generalstabskarten des Warschaupakts eingetragen, und die Zielgenauigkeit der russischen Raketen lässt zu wünschen übrig. Die Nonnen aber, denen man auf einem Spaziergang begegnen mag, lachen weiterhin unbeschwert. (Voll Gottvertrauen.) In der Klosterkirche findet man an der Decke die Schlacht am Gubel gemalt, katholische und reformierte Truppen piesacken einander, Pferde stürzen in die Schlucht, Augen brechen, Lanzen stechen, die Katholiken gewinnen, bravo.
Weiter unten in der Topographie, Straflager Zugerberg, sind die neun russischen Soldaten interniert, welche, in Afghanistan von den Aufständischen gefangengenommen, der Schweiz überstellt worden und nun manchmal in Zug auf einem Einkaufsbummel zu sehen sind. Und ganz unten dann eben diese Stadt, a small farming community near Zurich, wie eine amerikanische Zeitung schrieb, dieses Zug mit seinem Kapuzinerkloster, wo noch die Armensuppe ausgegeben wird, mit seiner Marc Rich und Co., dem weltumspannenden Rohstoffhändler, blauschimmerndes Building an der Baarerstrasse, seiner Phibro ag, aus welcher die Marc Rich und Co. hervorgegangen ist, mit seinem alt Bundesrat Hürlimann, welcher Phibro-Verwaltungsrat gewesen ist und jetzt die Marc Rich berät; dieses Zug mit seiner peinlich geschniegelten Altstadt, die wie ein Disney-Land inmitten der schnell aus dem Boden geschossenen Buildings liegt; eine boomende, pilzende, formlose, wuchernde Stadt, die auch Dallas heissen könnte.