Steinschlag. Andrea Stamms erster Fall

Sie schaltete den Computer ein, klickte sich ins Netz und betrachtete die Wetterkarte. Es würde aufhellen am Nachmittag, Föhn aufkommen am Montag, die Temperatur steigen. Sie wählte Amstads Nummer. Seine Frau nahm ab. Der Bergführer sei mit Rolf Frick von der Kletterschule nochmals hinaufgestiegen.

«Hinauf?»

«Zu der Toten.»

«Wird man sie heute bergen? Muss ich helfen?»

«Nicht nötig. Morgen fliegt der Helikopter.» Die Stimme der Frau klang spröd und abweisend.

Andrea vermied es, sie mit Du anzusprechen.

«Ich habe einen Gast morgen.»

«Es ist alles organisiert. Die Männer schaffen das gewiss alleine.»

Sie hängte auf. Alles klar. Man brauchte sie nicht. In der Stimme der Frau schwang ein Unterton. Misch dich nicht ein! Tote bergen ist Männersache. Wie der Berg überhaupt. Im Führerkurs waren am Anfang solche Bemerkungen gefallen. Ein Witz wurde herumgeboten: Dich hat man nur aufgenommen, weil Andrea auch ein Männername ist und du auf der Foto mit deinem Bürstenschnitt wie ein Bub aussiehst. Sie fand das widerlich, zahlte es den Männern heim im Fels, wo sie am stärksten kletterte. Schon bald waren die Bemerkungen verstummt.