Steinschlag. Andrea Stamms erster Fall
Hinter der Kapelle mit dem frei stehenden Turm setzte die Alpstrasse steil an. Sie war für den Privatverkehr gesperrt, doch Andrea steckte ein Schild aufs Armaturenbrett: «Bergführerin».
«Hier war nur ein Fussweg», sagte Daniel. «Wir mussten in der Hütte übernachten. Gibts die noch?»
«Sie gehört der Kletterschule aus Pratt.»
«Der Konkurrenz?»
«Kann man so sagen. Wir haben vereinbart, dass ich sie auch benutzen darf.»
Auf dem Sattel vor der Hütte liessen sie die letzte Nebelbank hinter sich. Grau schälte sich die Felswand vor ihnen aus dem Schatten. Ein Sporn aus hellem Gestein ragte in ihrem rechten Teil mehrere hundert Meter senkrecht in die Höhe: die Sila. Sie wirkte glatt, kalt und abweisend.
In der Senke hinter dem Sattel endete die Fahrstrasse auf einem Parkplatz bei einer Gruppe von Alphütten. Andrea reichte ihrem Gast die Thermosflasche. «Kaffee?»
«Das nenne ich Service.» Er schraubte die Kappe von der Flasche und schenkte sich ein. Der Kaffee dampfte in der kühlen Luft und verbreitete einen angenehmen Duft. Das heisse Getränk wärmte die Seele und weckte die Unternehmungslust.