Steinschlag. Andrea Stamms erster Fall
«Darf ich noch eine rauchen?»
«Warum fragst du?»
«Du bist die Führerin, du bestimmst.»
«Ich erlaube es dir.» Sie lachten.
Andrea zog ihren Klettergürtel fest, klippte Expressschlingen, ein paar Klemmkeile und Friends daran und fädelte das Doppelseil ein. Daniel setzte eine Brille mit Drahtgestell und kleinen Gläsern auf, sicherte sie mit einem Bändel. Mit der Zigarette zwischen den Lippen hängte er sich an einen Ringhaken. Seine Handgriffe waren geübt und sicher. Sie bereiteten sich vor, als seien sie ein eingespieltes Team.
«Alles okay?» Sie warf ihm einen Blick zu, sah, dass er schon sicherte.
«Du kannst gehen.»
Sie hängte sich den kleinen Klettersack mit Proviant und Wasser um und kletterte los. Geneigtes Gelände, das Vorsicht erforderte wegen losen Gesteins. Steinschlag, dachte sie, während sie über Blöcke und Absätze höher stieg. Der Gedanke an die Tote war ihr unangenehm. Sie fürchtete, dass er sie den ganzen Tag verfolgen würde. Beschäftigte sie etwas zu Beginn einer Klettertour oder hatte sie eine Melodie im Kopf, so begleiteten sie die Klänge, die Gedanken und Bilder den ganzen Tag. Es war, als ob die Konzentration auf die Griffe und Tritte, den Rhythmus des Kletterns und des Sicherns, den Gedanken und Gefühlen wenig Raum lassen würde, sich frei zu entfalten.