Wintertauber Tod. Ein Tanner-Kriminalroman
Das Leben der Menschen im Dorf hatte sich seit dem Morgen schlagartig verändert.
Wie fröhlich (zumindest über weite Strecken) war der Abend vor zwei Tagen gewesen, als Michel und die beiden Schwestern bei Tanner essen waren. Tanner hatte einen ganzen Nachmittag mit den Vorbereitungen zum großen Gastmahl zugebracht. Die Lammkeule spickte er mit Knoblauchzehen, pinselte sie dann mit einer großzügigen Portion einer selbstgemischten Honig-Senf-Rosmarin-Sherry-Paste ein und garte sie beinahe vier Stunden lang äußerst langsam im Ofen – wobei er selbstverständlich nicht vergaß, sie alle zwanzig Minuten mit dem eigenen Saft zu übergießen. Als Beilage bereitete er ein Risotto radicchio rosso vor. Des Weiteren kochte er getrocknete Zwetschgen in Rotwein und verlas Bohnen sorgfältig von Hand. Das eine Ende der Bohnen schnitt er ab; die natürliche Spitze des anderen Endes jedoch ließ er unversehrt. Im Wasserdampf nur kurz der Hitze ausgesetzt, blieben die Bohnen schön knackig. Jetzt nur noch schnell mit Eiswürfelwasser abgeschreckt, damit sie ihre schöne Farbe behielten; eine große Zwiebel in Butter angeschwitzt; die Bohnen kurz darin geschwenkt; mit Mangold, Frühlingszwiebeln, Lauch, Petersilie, verschiedenen Gewürzen, Olivenöl, Salz, Pfeffer und acht frischen Eiern vermengt – und fertig war die Frittata alle erbe, die kalt und in Streifen geschnitten ein Teil des Vorspeisentellers werden sollte. Dann wurden von Tanner noch Zucchini in dünne Streifen geschnitten, gesalzen und einzeln in Olivenöl gebraten. Die dünnen Fischfilets würzte er leicht und schweißte sie in Folie ein, um sie später zum zweiten Gang nur kurz in heißes Wasser zu tauchen. Diese Methode garantierte, dass auch nicht ein einziges Geschmacksatom verloren ging.