Blindgänger. Roman

Das Drama begann. Stunden, Tage, Nächte vergingen, er marterte sein Gehirn, sprach die Namen Annet und Nadine laut aus, vielleicht gab es über die Ohren einen Zugang zum Gedächtnis, er suchte fiebrig, kein noch so winziges Bildfetzchen blitzte auf, nur graue Flusen, wo einst seine Erinnerungen lagen. Hartnäckig besuchten ihn die Frau und das Mädchen, versuchten alles Mögliche, gemeinsame Erlebnisse, Familienausflüge, Kindergeschichten von Nadine, Vertrautes aus dem Alltag. Sie kamen mit Fotoalben, lieb gewonnenen Gegenständen, Souvenirs. Hilflos und gerührt ließ er alles über sich ergehen, kam gar in Versuchung, Erkennen zu simulieren, die Kleine tat ihm leid.

Er musste unbedingt wissen, weshalb er ins Koma ge­fallen war. Die Frau hatte ihn in seinem Studierzimmer am Boden liegend gefunden, als sie von der Arbeit kam, an jenem Freitagabend des Jahrhundertunwetters, am 15. August. Beim offenen Fenster in einer Wasser­lache. Vermutlich war er ausgerutscht und mit dem Kopf seitlich so unglücklich an der Möbelkante oder am Boden aufgeschlagen, dass er bewusstlos wurde. Ein Rätsel, weshalb er bei dem heftigen Regen das Fenster nicht geschlossen hatte.