Blindgänger. Roman

Ich nickte erneut und notierte: semantisches Gedächtnissystem funktionsfähig.

Er möge den Blick von oben, Personal in weißen Schürzen querte den Park, immer beschäftigt, oder sie taten so, andere Personen spazierten oder ruhten auf Bänken, in der bequemen, das heißt unverkennbar schlabbrigen Bekleidung, mit der sich niemand ins Freie trauen würde, außer im Schutz einer Klinik.

Ich schmunzelte und schrieb: perzeptuelles Gedächt­nissystem ebenfalls nicht betroffen.

Die jetzt überall draußen sitzenden Insassen seien Patienten, man werde aber mit professionellem Lächeln, das mit keinem Widerspruch rechne, als Gäste bezeichnet. So viel habe er gelernt. Auch er ein Gast, Aufenthalts­dauer unbestimmt, Ende ungewiss.

Selbstredend enthielt ich mich einer Antwort, schrieb: ausschließlich retrograde Amnesie.

Er wisse, warum er hier sei, und wisse doch nichts. Täglich falle sein Blick beim Aufstehen als erstes auf die Uhr und das leuchtende Datum, beides zu wissen gehöre wohl zur Therapie, Uhrzeit, Datum, unbestechliche Mess­größen für Realität und die stumme Aufforderung an ihn, sie sich zu merken. Das dürfte doch die wirkliche Bestimmung des Digitalweckers sein, nicht wahr. Nicht ihn zu wecken. Jeden Morgen hole ihn eine weiß gekleidete Person mit weißen, leise knirschenden Gesundheits­schuhen aus dem Schlaf. Aus einem schweren, traumlosen, vermutlich medikamentösen Schlaf, man nötige ihn zur Einnahme einer beachtlichen Men­ge von pharmazeu­tischen Mitteln. Noch schicke er sich drein, eines nach dem andern, aber zu gegebener Zeit würde er sich genau­er mit dem Pharmacocktail beschäftigen.