Garibaldis Fuss. Aus dem Leben des Homöopathen Samuel Zopfy 1804-1890
Die Stiftung
Ich erinnere mich, wie mich mein Vater auf dem Friedhof der reformierten Kirche von Schwanden vor ein Grabmal aus schwarzem Marmor führt und erklärt, hier liege der berühmte Doktor Zopfy begraben, der Begründer der Zopfi-Stiftung. Wenn ich erwachsen sei und im Glarnerland wohne, würde ich von seiner Stiftung jedes Jahr Geld erhalten. Zopfy hatte verfügt, dass ab dem hundertsten Jahr nach seinem Tod alle im Kanton lebenden erwachsenen «männlichen und weiblichen Glieder des Zopfi-Geschlechtes» alljährlich in den Genuss der Ausschüttung aus dem durch Zinsen gemehrten Stiftungsvermögen kommen würden. «Zur künftigen ökonomischen Besserstellung des Zopfi-Geschlechtes, das mit irdischen Glücksgütern spärlich ausgestattet», heisst es in der Stiftungsurkunde.
Während der Jahre, in denen ich mit meiner Familie im Kanton Glarus wohnte, wurde mir einige Male ein Betrag von etwa vierzig Franken überwiesen. Einmal nahm ich an einer Jahresversammlung der Stiftung teil und schrieb darüber einen Bericht in einer Zeitung. Zwei Dutzend Zopfis hatten sich in der Gaststube der «Sonne» eingefunden, Frauen waren nicht dabei. Das Gasthaus befindet sich neben dem Rothaus, das einst dem Doktor Zopfy gehört und in dem er ab den 1830er-Jahren seine erste medizinische Praxis geführt hatte. Protokoll und Jahresrechnung wurden abgenommen, der Verstorbenen gedacht, über Geldanlagen diskutiert, der Vorstand bestätigt. Vereinsgeschäfte. Anschliessend lud die Stiftung zu einem Imbiss mit Sauerkraut und Speck ein. Man trank Wein und Bier, unterhielt sich, rauchte. Bei Kaffee und Schokoladentorte erzählte mir ein älterer Zopfi, dass vor Jahren ein Onkel meines Vaters, Polizist in Schwanden, den Antrag gestellt hatte, auf den traditionellen Imbiss zu verzichten. Heisst es doch in der Stiftungsurkunde: «Das Kapital darf niemals, unter keinerlei Titel noch Vorwand, verteilt oder geschmälert werden.» Die männlichen «Glieder des Zopfi-Geschlechtes» lehnten den Antrag ab, speisten weiter an den Versammlungen, denen der «Landjäger Zopfi» von da an aus Protest fernblieb.