Garibaldis Fuss. Aus dem Leben des Homöopathen Samuel Zopfy 1804-1890

«Zopfy, Sie waren der Beste!»

Der alte Mann strafft sich, murmelt: «Danke, mein General.»

Er bläst die Kerze aus. Tastet sich mit der Hand das Bufett entlang zur Kammertür, streift den einen Pantoffel ab, kriecht unter die Decken und rollt sich ein.

Ein Traum

Der Duft von frischem Brot dringt in seine Träume. Immer die gleichen wiederkehrenden Bilder. Fliegen kann er, weit über die Berge hinweg, über das graue Gestein, die Felswände, die weissen Firne. Fliegen wie Ikarus, von dem Lehrer Tschudi in der Schule erzählt hat. Der Sonne entgegen.

Er hebt den Kopf. Licht dringt durch den Vorhang in die Kammer, es ist wohl spät. Er fühlt sich müde, lässt den Kopf sinken und dreht sich gegen die Wand. Das Bett ist zerwühlt, er hat geschwitzt. Wieder diese Trockenheit im Mund, als habe er Staub geschluckt. Fieber? Kein Fieber. Er schliesst die Augen, hört im Halbschlaf das Bimmeln von Glöcklein. Hell und aufgeregt, die Ziegen, die der Geissbub ins Niederental treibt.

Wie gern wäre er als Kind mitgegangen, früh am Morgen, wenn die Bergspitzen im ersten Licht leuchteten, als seien sie aus lauterem Gold. Die Ziegen aus den Ställen hinter den Häusern der Arbeiter drängten zur Herde, der Geissbub lockte sie mit seinen Rufen. Eine seltsame Sehnsucht erfasste ihn. Welch freies Leben müsste es sein dort oben auf den Weiden der Mettmenalp. Man müsste den Geissvogt fragen, aber der Vater wollte davon nichts wissen. Geissbub, das war etwas für Dummköpfe. Wir sind bessere Leute als die Fabrikarbeiter mit ihren Ziegen und Scharen von schwindsüchtigen Kindern. Dabei war der Bäcker Heinrich Zopfi kein Glückspilz, stand unter Vormundschaft. Ein Fallit, konnte nichts bestimmen ohne seinen Beistand. Die Mutter, eine starke Frau aus dem Kleintal, arbeitete sich krumm.