Pionier und Gentleman der Alpen. Das Leben der Bergführerlegende Melchior Anderegg (1828-1914) und die Blütezeit der Erstbesteigungen in der Schweiz
Der Dorfkern von Meiringen, ca. 1888: Dunkle Holzhäuser inmitten einer pittoresken Wald- und Gipfellandschaft. So haben sich die ausländischen Gäste «ein wahres Bergdorf» vorgestellt.
Am 28. März 1828 geboren, wächst er im abgelegenen Weiler Zaun auf, vierhundert Meter oberhalb von Meiringen. Die kinderreiche Familie lebt wie der Grossteil der Bevölkerung von der Landwirtschaft. Fleissige, einfache Leute. Viehhaltung, Alpgang, Nutzung der Allmenden und Wälder gelingt nur dank des starken Zusammenhalts in der Familie und der Nachbarschaft.
Im Tal sind die Schulklassen überfüllt, und die Lehrer verdienen so wenig, dass sie noch anderen Verdienstmöglichkeiten nachgehen müssen. Von einem weiss man, dass er weder schreiben noch rechnen, von einem anderen, dass er nicht schreiben kann. Zu Melchiors Einschulung 1835 tritt das Bernische Primarschulgesetz in Kraft, und die Lehrer werden verpflichtet, zur Ausübung des Berufes eine theoretische Prüfung abzulegen. Zu den obligatorischen Unterrichtsfächern gehören nun: Christliche Religion, Muttersprache, Kopf- und Zifferrechnen, Schönschreiben, Gesang. In der Oberstufe auch Linearzeichnen, Geschichte, Erdbeschreibung, Naturkunde, Verfassungskunde, Buchhaltung, Hauswirtschaft und Landwirtschaft.