Steinschlag. Andrea Stamms erster Fall
Unter den Ausstiegsrissen, kurz vor dem Gipfel, überströmte sie eine Welle von Sonnenlicht. Sie tranken Wasser, teilten sich eine Banane und einen Apfel. Unvermittelt schlug das flatternde Dröhnen des Helikopters um eine Kante, er drehte von der Wand weg, schraubte sich in die Höhe, schleppte an einem Seil ein Netz, und in diesem hing die Leiche im gelben Sack und drehte sich um ihre eigene Achse. Der Helikopter wendete sich gegen das Tal, tauchte in den Schatten, sein Gebrumm verebbte. Sie schauten ihm nach. Daniel sagte: «Mich haben sie auch mal so geholt. Von hier oben.»
«Glück gehabt also.»
«Glück gehabt. Und einen Freund, der mir das Leben gerettet hat.»
Er blickte dorthin, wo der Helikopter verschwunden war, wo sich die Hügel zu den Alpen hin erstreckten, ein grüngraues Wellenmeer von Weiden, Wäldern, Fels. Er sah in die Ferne und doch in sich hinein, schien es, zog an seiner Zigarette und sprach kein Wort mehr, bis Andrea weiterkletterte, die Risse hinauf, die zum Gipfel der Sila führten. Der Felsturm war aus härterem Gestein als die Wand der Plattenburg, aus der er vorsprang. Härter als der Rest der umliegenden Berge. Eine Sage erzählte, die Sila sei eine versteinerte Frau. Deshalb liebte Andrea diesen Turm aus Stein, der fester und stärker war als alle andern Felsen des Gebirgszugs. Die Sila würde noch aufrecht stehen, wenn die umliegenden Berge zerbröckelt und zu Staub zerfallen waren.