Steinschlag. Andrea Stamms erster Fall
«Lévi war ein Familienbetrieb. Als sie an die Zementholding verkauften, haben die Lévis irre Geld gemacht. Eine der reichsten Familien der Gegend. Kapitalisten. Betonköpfe. Das ist Claudia Lévi.»
«Und Baumberger?»
«Sozusagen das Gegenteil. Ein alter Kunde.»
«Des Zementwerks?»
«Nein, von mir. Von meiner Firma.»
«Was meinst du damit?»
«Amtsgeheimnis. Verstehst du?»
«Verstehe, Herr Kommissar», sagte Andrea. «Ruf morgen früh an. Wir können zusammen zur Unfallstelle wandern. Was willst du überhaupt dort oben?»
«Es war kein Unfall!», schrie er ins Telefon. «Eine Untersuchung läuft!»
«Und da willst du auch noch mitmischen? Hast du überhaupt Wanderschuhe?»
«Irgendwo auf dem Estrich. Ich hoffe, sie passen mir noch.»
«Fett setzt ja bekanntlich nicht an den Füssen an. Aber bist du auch noch fit? Wir werden über eine Stunde brauchen.»
«Früher musste ich doch auch immer mit …» Seine Stimme stockte. «Ich rufe morgen an.»
Andrea legte den Schraubenzieher weg, mit dem sie während des Gesprächs auf den Schreibtisch getrommelt hatte. Ihre Hand war feucht. «Früher musste ich doch auch immer mit …» Der Satz hatte sie getroffen. Früher. Er hatte die Wanderungen gehasst, er verabscheute die Berge. Doch tat er Mutter den Gefallen. Sie war in Pratt aufgewachsen, hatte sich nie heimisch gefühlt in der Stadt. «Wie eine Bergdohle im Käfig», sagte sie manchmal.