Steinschlag. Andrea Stamms erster Fall

«Es ist keine Kunst, auf einen Berg zu klettern. Kunst ist, wieder heil herunterzukommen», bemerkte Frick.

Andrea trank ihr Cola lustlos, hörte stumm zu, wie die Führer alte Geschichten auftischten. Anekdoten, in denen sie stets die Helden waren, besonnen und mutig. Helfer und Retter, Könige der Berge. Fehler machten nur die andern. Sie schwatzten, bloss Amstad saugte stumm an einem Stumpen. Einmal schnippte er die Asche in den Aschenbecher, beugte sich zu Andrea: «Wir müssen nochmals hinauf zusammen.»

«Warum?»

«Es gibt einen Augenschein. Mit dem Untersuchungsrichter.»

«Und da muss ich mit?»

«Als Zeugin. Du und ich waren zuerst am Unfallort.»

Er sagte Unfallort, nicht Tatort. Nahm einen Schluck Bier, blickte ins Glas und sagte mit seiner belegten Stimme: «Der Mann wird auch dabei sein.»

«Werner Baumberger?»

Amstad schaute sie an, sein Auge zwinkerte. «Du weisst, wie er heisst?»

«Stand heute in der Zeitung.»

«Er wird auch dabei sein.»

«Wann?»

«Ich geb dir Bescheid. Sicher erst nach der Beerdigung.» Er fuhr mit der Hand an die Schläfe, als wolle er sein nervöses Auge besänftigen. Dann leerte er sein Glas, stellte es hart auf den Tisch, stand auf. «Ich muss morgen früh weg.» Er legte einen Geldschein hin. «Ich übernehme das. Tschau zusammen.» Drehte sich um und ging.