Wenn die Nacht in Stücke fällt. Ein Brief an Ferdinand Hodler

Vom Formen einer Büste

Valentine Godé-Darel ist für Sie weder ein Modell noch eine Geliebte wie jede ande­re gewesen. Sie war nach einer gescheiterten Ehe mit einem Professor an der Sorbon­ne, der sich mit seiner Spielsucht ruiniert hatte, nach Genf gezogen. Sie waren etwa so alt wie ihr Vater. Man hatte bei ihr eine Krankheit diagnostiziert, die sie dahinraffen würde. 1914 war sie die ers­ten sechs Monate in der Klinik von Riant Mont ans Bett gebunden. Hier besuchten Sie sie zunächst Tag für Tag und brachten Ihren Malkas­ten mit. Sie nahmen den Zug nach Lausanne, der um ein Uhr in Genf abfuhr.

Eines Abends im Februar 1914 war Sie der sechsundzwanzigjährige Hans Mühlestein wie immer am Bahnhof ab­holen gekommen. Er hat an Ihnen eine besondere Trauer, eine extreme Niedergeschlagenheit be­merkt. Sie waren nur sechzig Jahre alt.

Valentine sollte operiert werden. Sie ertrug es nicht mehr, Sie auch nicht. An die­sem Tag hatten Sie sich beim Arzt nach dem Gesundheitszustand von Madame Darel erkundigt. Er hatte Ihnen die Wahrheit gesagt, die keine Hoffnung übrig ließ. Valen­tine sollte nichts gesagt werden, selbst wenn Sie annahmen, dass sie ihr Los kannte.