Wenn die Nacht in Stücke fällt. Ein Brief an Ferdinand Hodler
Eine Woche lang haben Sie unter Hochdruck gearbeitet. Sie hatten die Erlaubnis, Valentine eine halbe Stunde posieren zu lassen, während eine Krankenschwester sie stützte, damit ihr Torso wie auch ihr Kopf aufrecht blieben. Danach machten Sie aus dem Gedächtnis weiter.
Jeden Abend erwartete Sie Hans am Bahnhof. Sie kamen erschöpft an. Selbst die größten Gemälde hatten Sie nie in einen solchen Zustand versetzt. Sie hatten gerade noch die Kraft, Seufzer auszustoßen, während Hans Sie bis zu Ihrer Wohnung am Quai du Mont-Blanc begleitete.
Am Tag, als Sie Ihre Arbeit für abgeschlossen hielten, hat Hans Sie am Bahnhof mit einem Pferdewagen abgeholt. Aus Angst vor der leichtesten Erschütterung des Fahrzeugs hielten Sie das wertvolle Paket, in feuchte Tücher eingehüllt, auf Ihren Knien. Sie berührten die Oberfläche des Bündels so zärtlich, als handle es sich um Valentines Haar.
In Ihrem Atelier unter dem Dach haben Sie die Skulptur vorsichtig ausgepackt, sie auf Augenhöhe auf ein Jutetuch gestellt. Hans war von der Ähnlichkeit mit Valentine überwältigt, Sie nicht minder.