Wintertauber Tod. Ein Tanner-Kriminalroman
Solange rannen Tränen übers Gesicht, als sie die kleine Notiz in der Zeitung las. Sie hatte die Aufgabe, alle fürs Dorf wichtigen Zeitungsausschnitte zu sammeln und an das Schwarze Brett zu hängen. Dass sich der junge André, den sie nur flüchtig kannte, vor den Zug geworfen hatte, wusste sie zwar schon seit gestern, doch als sie es schwarz auf weiß sah, brach sie in Tränen aus, als wäre es erst jetzt Realität geworden. Nach einer Weile beruhigte sie sich und beschloss, diese Nachricht ebenso ans Brett zu hängen, auch wenn Andrés Selbstmord eigentlich – und hoffentlich – nichts mit den Blutzeichen zu tun hatte. All den Nachbarn, die über einen solchen möglichen Zusammenhang spekulierten, widersprach sie vehement, hatte es doch schon lange das Gerücht gegeben, dass André depressiv und suizidgefährdet war. Er war ja offenbar schon einige Male abgehauen. Hieß es nicht, er habe sich mal im Mittelmeer ertränken wollen, und sein Onkel Marnier, der Gute, habe ihn gerettet?
Gleichwohl heftete sie den Zeitungsausschnitt an das Brett, schließlich betraf es das Dorf. Nachdem sie auch die restlichen Zeitungen gesichtet hatte, beschäftigte sie sich mit der Liste für die Polizei. Tanner hatte sie gebeten, eine Art Stundenplan für die Leute von der Polizei zu machen, die in den nächsten drei Tagen alle Bewohner vernehmen würden. Oder vielmehr mit den Familien Interviews führen wollten. Sie hatte die Dorfbewohner in Familiengruppen unterteilt und ordnete jetzt jeder Gruppe eine Zeit zu, in der sie den Beamten zur Verfügung stehen müssten.