Auf der Suche nach dem verlorenen Schnee. Erzählungen und Essays

Die Bergler sind noch heute furchtbar schweigsam oder schreckliche Schwätzer. Zu welcher Gruppe sie gehören, kann man an dem Service ablesen, in dem sie den Kaffee servieren. Bei den Schwätzern sind die Tassen weiss, braun, gelb. Bei denen, die wenig oder gar nicht reden, sind die Tassen mit jeweils einem ovalen Bild verziert. Dort erzählen die Tassen. Ich erinnere mich an die Tassen von früher, als ich ein Bub war, Tassen mit dem Motiv des Angelusläutens von Jean François Millet und mit den Variationen des extravaganten Salvador Dalí, der im «An­gelus»-Motiv, wie mein Grossvater, ein unvermutetes Drama sah, «das sich unter den scheinheiligsten Erscheinungen dieser Welt verbirgt».

In einem Haus, in das wir zum Kaffeetrinken gingen, gab es ein Service mit Engeln, die Ordnung machten: Sie warfen Adam und Eva aus dem Paradies, brachten Sünder wieder auf den richtigen Weg, trieben heiligen Josephen Zweifel aus, beschützten Kinder, die über gefährliche Brücken gingen.

Die Toni Mihels besassen ein Service mit lauter heiligen Michaels, die den Teufel vernichteten. Dort lernte ich den Heiligen Michael von Jacob Epstein an der Kathedrale von Coventry, England, kennen und kombinierte sogleich, dass England also das Land der Engel sein müsse. Dieser Erzengel Michael mit riesigen platten Bronzeflügeln sprang wie ein Athlet auf dem Trampolin auf einen gefallenen Engel herab, der sich nicht wehren konnte. Aber ich habe nie geglaubt, er könne den armen Teufel fertigmachen, auch wenn er als «Führer der himmlischen Streitscharen gegen das Satansheer» galt.