Schweizerspiegel. Roman
Vor dem Hause hielt irgendein Dienstwagen, die Ordonnanz ging rauchend auf und ab, und im Hausgang hingen über den Säbeln zwei Majorsmützen von Artilleristen. Er ließ sich durch das Mädchen sogleich anmelden, betrat den Salon und war darauf gefaßt, eine halbe Stunde lang warten zu müssen. Aber kaum hatte er sich mit einer militärischen Zeitschrift an ein Fenster gesetzt, als der Divisionär durch eine Nebentür eintrat.
Boßhart war größer als Ammann, aber ebenso beleibt, doch stand dieser sozusagen zivile Umfang in keinem schlechten Verhältnis zur ganzen Gestalt, die in ihrer Breite und Mächtigkeit fast bedrückend wirkte. Eine solche Gestalt ist bei einem gutmütigen, freundlichen oder auch nur lässigen Mann erträglich, aber Boßhart erweckte den gegenteiligen Eindruck, er sah hart, unfreundlich und völlig beherrscht aus. Sein Kinn verschwand in einem kurz zugestutzten, grauen Bart, der sich auf den Wangen so undeutlich verlor, daß man nie genau wußte, ob der Mann rasiert war oder nicht. Eine auffallend schmale, hämisch wirkende Nase mit weiten dünnen Nüstern und zwei durchdringend klare, sachlich blickende Augen nahmen seinem Äußern schließlich jede Spur von Humor und Leutseligkeit. Es gab unter den rund zwanzigtausend Männern der Division vermutlich kaum einen, der ihn liebte, er wurde höchstens gefürchtet; dennoch besaß er das Zutrauen der ganzen Division in einem Maße wie keiner seiner Vorgänger.