Pionier und Gentleman der Alpen. Das Leben der Bergführerlegende Melchior Anderegg (1828-1914) und die Blütezeit der Erstbesteigungen in der Schweiz

HAND IN HAND ÜBER DIE STEILE FLANKE

Am steilen Gipfelkegel schlägt Melchior Stufen in das Eis. Hinchliff macht es sich zur Ehrensache, das Seil, mit dem sie verbunden sind, nie straff werden zu lassen. Melchior ist mit dem Marschtempo sehr zufrieden, was er durch wiederholtes «Gut, gut!» bezeugt. Als der Engländer die Frage aufwirft, was geschehen könnte, wenn einer auf diesem Eishang ausglitte, zeigt ihm Melchior, wie er im schlimmsten Falle seine Axt einhauen und sich daran halten würde. Trotz eintretenden Wetterumschlags steigen sie weiter und betreten bereits um 8.15 Uhr den Gipfel, der von einer zehn Fuss hohen Stange markiert wird.

Im Enthusiasmus klettert erst Melchior, dann Hinchliff an der Signalstange empor. Oben stösst Melchior den «Oberländer Kriegsruf aus, als ob ihn irgendjemand in der Runde hätte hören können». Hinchliff wird im Wind der Hut Richtung Gasterntal weggeweht, und der riskante Versuch Melchiors, diesen zu erhaschen, wird durch das Seil, das die beiden noch verbindet, rasch gehemmt. Melchior seilt seinen «Herrn» los, knüpft das Seilende und sich an den Signalpfahl und will sich auf die überhängende Wächte hinauswagen, um nach dem Hut zu spähen. Hinchliff schaudert es beim Zuschauen, er zieht ihn am Seil zurück, lehnt auch Melchiors Anerbieten ab, ihm seinen Hut zu leihen, und bedeckt das Haupt mit einem Taschentuch.