Die Wohlanständigen. Ein Tanner-Kriminalroman

Michels Wut steigerte sich unaufhaltsam.

Und dann dieser weißhaarige Vaterlandsfanatiker, der aus jeder Rede geifernde Nationalfeier-Wutausbrüche machte und behauptete, er sei der Einzige, der den Leuten reinen Wein einschenkte. Ganz zu schweigen – und bei dem kam ihm nun wirklich die Galle hoch – von dem schmallippigen Totenköpfchen mit den starr blickenden Augen, der gegen die Ausländer hetzte und mit einer Asiatin verheiratet war.

Und jetzt saß vor seiner Nase ein Chef, der sich stolz brüstete, Teil dieser Bande zu sein. Der will uns hier rumkommandieren, dabei geraten die selber andauernd mit dem Gesetz in Konflikt. Ehemalige und amtierende Politiker, und zwar auf jedem politischen Niveau. Und jetzt müssen ausgerechnet wir hier so einen Querkopf vor der Nase haben, der keine Ahnung von der Polizeiarbeit hat.

Kurz darauf tauchte der Kopf Sommers im Türrahmen auf.

Ist die Luft rein?

Michel nickte.

Sommer war so was wie der Bürochef der Abteilung und zu­ständig für alles. In den ersten Jahren seiner Anstellung war er fürchterlich begriffsstutzig gewesen, das hatte sich in den Jahren allmählich etwas gebessert. Er war alleinstehend, und sein Beruf war sein Ein und Alles.