Die Wohlanständigen. Ein Tanner-Kriminalroman

Jetzt war es an ihr, verdutzt zu sein. Aber nicht aus dem Grund, den Michel meinte.

Sie kam auf ihn zu, lächelte und streckte ihm ihre Hand entge­gen.

Mein Gott, das gibt’s ja nicht. Serge, erkennst du mich denn nicht? Wir sind doch zusammen zur Schule gegangen. Ich habe dich zuerst auch nicht erkannt, aber jetzt natürlich, als du deinen Namen nanntest.

Sie schlug die Hände zusammen.

Mein Gott, das ist ja auch ewig her. Du warst damals so dünn …

Sie hielt sich erschrocken die Hand vor den Mund und wurde rot im Gesicht.

Entschuldige Serge, das war jetzt nicht sehr diplomatisch.

Michel war ziemlich verwirrt, denn er konnte sich überhaupt nicht erinnern.

Entschuldigen Sie, aber … ist das vielleicht eine Verwechslung?

Sie lachte.

Nein, nein, ich bin Marlene. In der Schule nannte man mich Mali. Wir waren beide bei der Meyerhofer in der Primarschule. Weißt du nicht mehr?

Langsam dämmerte es Michel. Er sah vor sich ein mageres, rothaariges Mädchen mit vielen Sommersprossen.

Ja, ja, jetzt erinnere ich mich. Das war wie in einem anderen Le­ben. Du hattest Zöpfe und tausendundeine Sommersprosse, stimmt’s?