Pionier und Gentleman der Alpen. Das Leben der Bergführerlegende Melchior Anderegg (1828-1914) und die Blütezeit der Erstbesteigungen in der Schweiz

FURCHTBARER ANBLICK VON FELS UND EIS

Obschon die Eidgenossen die Alpengipfel gewissermassen auf dem Präsentierteller im eigenen Land haben, lassen sie sich Mitte des 19. Jahrhunderts vom Gipfelsturm englischer Touristen überrumpeln. Für den damals jungen Bundesrat ist das Hochgebirge ein Teil des Landesterritoriums, das er noch nicht unter Kontrolle hat. Der SAC habe seine Unternehmungen deshalb auch als «patriotische und wissenschaftliche Kolonisierung seines eigenen Niemandslandes» gesehen, schreibt Andrea Porroni in «Helvetia Club».

Heute mag sich man fragen, weshalb das Interesse an diesen Bergfahrten auf einmal schier politische Relevanz erlangt hat. Gleichzeitig aber auch, warum dieses Revier oberhalb der Vegetationsgrenze bisher grundsätzlich gemieden wurde. Immerhin stehen die Alpen schon seit ungefähr einer Million Jahre da.

Die Menschen hatten Angst vor dem Gebirge. Man wollte am liebsten nichts damit zu tun haben. «Es stand wie eine geistige Mauer dazwischen», schreibt Max Senger in «Wie die Schweizer Alpen erobert wurden». Diese Mauer musste durchbrochen werden. «Erst als diese Einstellung zwar nicht Allgemeingut, aber doch ‹gesellschaftsfähig› geworden war, durfte man daran denken, die physische Eroberung der Alpen in Angriff zu nehmen.»