Pionier und Gentleman der Alpen. Das Leben der Bergführerlegende Melchior Anderegg (1828-1914) und die Blütezeit der Erstbesteigungen in der Schweiz

Dennoch gab es immer schon ein paar Verwegene, welche die Berge weder als «feindliche Macht» noch als «scheusslich» wahrgenommen haben. Etwa Peter II., König und Feldherr des heutigen Katalonien in Spanien. Um zu «entdecken und erkennen, was auf dem Gipfel ist», steigt er im Jahr 1250 in den Pyrenäen auf den Pic du Cnaigou (2780 m ü.M). Im Vordergrund steht sein Wissenstrieb und vielleicht auch Ergeiz. Der italienische Dichter Francesco Petrarca erreicht 1336 den Gipfel des Mont Ventoux, eine 1912 Meter hohe Erhebung in der Provence, «alleine von dem fieberhaften Wunsche beseelt, die bedeutende Höhe dieses Ortes zu sehen.» Petrarca ist er erste Mensch, der von einer Art «Gipfelextase» spricht. Im 16. Jahrhundert wird dann der Zürcher Arzt Conrad Gessner der erste Mensch, der die Anstrengung einer Wanderung als Genuss beschreibt: «Ich habe mir vorgenommen, fortan, so lange mir Gott das Leben gibt, jährlich mehrere oder wenigstens einen Berg zu besteigen, und zwar in der Jahreszeit, wenn die Pflanzen in der Blüte sind, theils um diese kennenzulernen, theils um meinen Körper auf ehrenwerte Weise zu üben und meinem Geist die edelste Erholung zu gestatten. Denn welche Lust ist es und welches Vergnügen, für den ergriffenen Geist, die gewaltige Masse der Gebirge wie ein Schauspiel zu bewundern und das Haupt gleichsam in die Wolken zu erheben.»