Garibaldis Fuss. Aus dem Leben des Homöopathen Samuel Zopfy 1804-1890
«Was wollt ihr? Die Praxis ist geschlossen.»
Für immer, wollte er zu der Schwangeren sagen, aber dann sieht er die Enttäuschung in ihren grossen, braunen Augen.
«Herr Doktor, bitte …»
Sie schaut auf seine Füsse in den schäbigen Pantoffeln. Ihre Hand, mit der sie die Arbeitsschürze über ihrem Bauch zusammenhält, ist rot verfärbt. Eine Arbeiterin aus der Stoffdruckerei.
Zopfy schaut über sie hinweg ins Tal. Der Himmel ist verhangen, die Luft dumpf und schwer. Dimmerföhn nennt man dieses Wetter. Von der Stoffdruckerei auf der Halbinsel «i der Müli», wo Sernf und Linth zusammenfliessen, treibt eine Dampffahne den bewaldeten Abhang entlang gegen das Niederental. Der Hochkamin raucht. An den Hängetürmen blähen sich blaue und rote Stoffbahnen im Wind. Die Berge, versunken im Grau, die Laubwälder in düsterem Braun. Ein Fetzen Musik weht herauf. Es ist Kilbi im Dorf, drei Tage lang wird getrunken, getanzt, karessiert und gesündigt.
«Bitte, Herr Doktor …» Die junge Frau packt den Buben am Schopf, schiebt ihn nach vorn. «Er hat Zahnweh.»