Garibaldis Fuss. Aus dem Leben des Homöopathen Samuel Zopfy 1804-1890
Zwischen Traum und Tag ist er wieder der kleine Sämeli, der auf dem Strohsack unter der Decke lag, die von Schaben zerfressen war, nach Schweiss roch und am Hals kratzte. Er hörte den Vater unten in der Backstube den Teig schlagen. Die Mutter rückte die Stühle in der Gaststube zurecht. Bis spät in der Nacht hatten Männer im «Rössli» Karten gespielt, geraucht, getrunken, gestritten. Sämeli hatte seltsame Wörter vernommen. «Revolution», «Napoleon», «Metternich». Vom Kaiser von Russland war die Rede und von Franzmännern, die raubten und töteten und den Frauen nachstellten. Tausend Waisenkinder hat man aus dem Tal in andere Kantone verschickt, zu reichen Familien in den Städten im Unterland oder zu Bauern in den Ebenen. Pflegekinder, Verdingkinder, ausgebeutet, geschunden, verschwunden. Sämeli fürchtete sich, so allein in der Nacht. Die Schwestern lagen im Bett der Eltern in der Kammer nebenan, flüsterten und kicherten, ihre Strohsäcke knisterten. Gegen Morgen stieg der Duft des Brotes bis in seine Kammer unterm Dach herauf. Ein Geruch, der ihn zeitlebens immer wieder Kind werden lässt. Der kleine Sämeli mit seiner grossen Sehnsucht.